Bundesamt für Strassen ASTRA
A2 Zweite Röhre Gotthard

«Wir legen Wert auf ein gutes Handling der Tunnelbohrmaschine»

30.06.2025

Seit Februar läuft der Hauptvortrieb für die zweite Gotthardröhre. Xavier von Mandach, der verantwortliche Baustellenchef für den Hauptvortrieb in Göschenen, erklärt die Funktionsweise und Besonderheiten der Tunnelbohrmaschine.

Ein Dienstagmorgen in Göschenen. Xavier von Mandach sitzt in seinem Büro oberhalb des nördlichen Tunnelportals. Er zückt sein Smartphone und verfolgt mit einer App den Baufortschritt. Sie bietet eine Vielzahl an aktuellen Werten zur Tunnelbohrmaschine (TBM). «Gestern haben wir knapp 10 Meter geschafft», weiss von Mandach. Er ist für die ARGE secondo tubo (Implenia Schweiz AG und Frutiger AG) am Gotthard für den Hauptvortrieb von der Nordseite verantwortlich.

Ein paar Meter weiter verlassen gerade 15 Mineure die Baustelle, um 6.00 Uhr war Schichtwechsel. Die neue Equipe hat sich gerade eingerichtet. 12 Personen befinden sich jeweils auf der TBM und bedienen die vielen Geräte auf der rund 110 Meter langen Maschine, weitere drei Mineure bleiben draussen auf dem Installationsplatz und bereiten das Material zum Transport in den Berg vor. Um 21.30 Uhr wird der nächste Schichtwechsel stattfinden, dann übernimmt das dritte Team.

In einem Tag sollte die Maschine bis zu 20 Tunnelmeter ausbrechen, je nach Felsbeschaffenheit. Aktuell arbeitet sie sich durch den Aaregranit. «Dieser ist besonders hart und abrasiv, deshalb schaffen wir hier nur rund acht bis zehn Meter am Tag», erklärt von Mandach. «Die Tunnelbohrmaschine hat genügend Kraft dafür. Die starken Vibrationen erfordern aber einen besonders guten Unterhalt.» Die Rollenmeissel müssten derzeit häufiger als üblich ersetzt werden.

Mit 14 751 PS durch das Gotthardmassiv

Die beiden Tunnelbohrmaschinen für den Hauptvortrieb der zweiten Gotthardröhre wurden im Februar 2025 gestartet. Beide Modelle wurden von der Firma Herrenknecht im süddeutschen Schwanau produziert. Sie wurden anschliessend in Einzelteile zerlegt und mit rund 200 Transporten nach Göschenen und Airolo gebracht. Beide haben einen Durchmesser von rund 12,3 Metern und etwa dieselbe Länge. Daneben gibt es aber auch einige Unterschiede: Die Tunnelbohrmaschine «Paulina» in Airolo ist mit 2118 Tonnen rund 300 Tonnen schwerer als ihre Schwester «Alessandra» in Göschenen. Entsprechend wird die letztere in Göschenen mit einer Leistung von 7138 PS angetrieben, während in Airolo 7613 PS nötig sind. Xavier von Mandach erklärt die Differenzen: «Wir müssen unterschiedliche Gesteinsschichten ausbrechen, weshalb sich die Ansprüche an die beiden Maschinen teilweise unterscheiden. Zudem können die bestellenden Unternehmen zahlreiche Elemente anpassen, darunter die Einrichtung der Arbeitsplätze.»

Insgesamt sei der Ausbruch mit einer Tunnelbohrmaschine kaum mehr mit dem konventionellen Ausbruch von früher zu vergleichen – mit dem der erste Gotthard-Strassentunnel in den 1970er-Jahren gebaut wurde. «Heute kommen wir deutlich schneller voran.» Dafür müssten aber rund 18 Monate von der Bestellung bis zur Inbetriebnahme, der sogenannten «Andrehung» eingeplant werden. «Der Vortrieb startet deshalb später, dafür ist dieser viel sicherer als mit Sprengmitteln.»

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Xavier von Mandach (Mitte) im Gespräch mit Mineuren – im Hintergrund der bereits ausgebrochene Haupttunnel.

Zwei Meter Vortrieb am Stück

Seit Februar arbeitet sich die Tunnelbohrmaschine schrittweise in den Berg vor. In einem Vortriebszyklus bricht sie jeweils zwei Tunnelmeter aus, während in derselben Zeit die sechs Tübbinge zur Tunnelsicherung mit einem speziellen Fahrzeug angeliefert werden. Nachdem der Bohrkopf die zwei Meter Vortrieb geleistet hat, werden die Hydraulikzylinder eingefahren und das neu ausgebrochene Tunnelsegment wird mit Tübbingen gesichert. Von Mandach erklärt: «Die einzelnen Betonelemente werden mittels einer Vakuumplatte platziert, anschliessend wird der kleine Hohlraum zwischen der Aussenseite der Tübbinge und dem Berg mit Perlkies und Mörtel aufgefüllt.» Nachdem der Tunnel gesichert wurde, werden die Hydraulikzylinder an die neuen Tübbinge gepresst und es beginnt der nächste Vortriebszyklus. Parallel zum Vortrieb der TBM wird das ausgebrochene Gestein über die Förderbänder aus dem Tunnel transportiert und dort in den Materialbewirtschaftungs- und Logistikkreislauf integriert.

Hohe Ansprüche an die Arbeitsplätze auf der TBM

Die 12 Mineure und Mineurinnen, die pro Schicht auf der Bohrmaschine arbeiten, sind über deren ganze Länge verteilt. Während im vorderen Teil der Vortrieb gesteuert und die Tübbinge positioniert werden, müssen weiter hinten auf der Maschine die Tübbinge angeliefert und die Förderbänder sowie Kabelleitungen verlängert werden. «Wir haben auf der ganzen Baustelle höchste Ansprüche an die Sicherheit und ein gutes Handling», erklärt von Mandach. Die Arbeitsplätze auf der Maschine seien deshalb möglichst sinnvoll eingerichtet. «Es ist wichtig, dass zum Beispiel das Förderband und die verschiedenen Leitungen einfach montiert werden können und bei der Perlkiesinjektion grosszügige Platzverhältnisse herrschen.» Zudem müssen gerade auch die Förderbänder täglich gereinigt werden.

Im Frühling 2026 durch die Störzonen

Während die beiden Tunnelbohrmaschinen derzeit noch nahe an den Tunnelportalen sind, werden einige Kilometer weiter im Berginnern bereits die beiden geologischen Störzonen ausgebrochen – im konventionellen Stil mit Baggern und Sprengmitteln. «Im Frühling 2026 sollten wir im Norden die Störzone Mesozoikum erreichen, die zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebrochen sein wird.» Dann wird die TBM diese rund 300 Meter lange Strecke passieren. «Auch diese Strecke wird anspruchsvoll sein, deshalb dürfte die Durchfahrt der Störzone rund zwei bis drei Monate dauern», schätzt Xavier von Mandach. Zurück in Xaviers Büro zeigt er sich zufrieden: «Das erste Fazit ist positiv, die TBM läuft wie geplant und wir sind im Zeitplan.» Der Weg bis zum Durchbruch im 2027 ist aber lang – noch hat die TBM auf der Nordseite fast sechs Kilometer Gotthardmassiv vor sich.

Impressionen von der Tunnelbohrmaschine Nord

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